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05.02.24 –
Margit Stumpp, ex-MdB von 2017-2021 für den Wahlkreis Aalen-Heidenheim stellte sich der Diskussion zur aktuellen Bildungspolitik. Frau Stumpp war und ist Ingenieurin und Lehrerin (Quereinstieg) an der Heid-Tech, den technischen Berufsschulen in Heidenheim a.d. Brenz, wo sie auch das Computernetzwerk mit administriert. Aktuell ist sie Fraktionssprecherin der Grünen im Kreistag Heidenheim, und stellvertretende Sprecherin in der Bundesarbeitsgemeinschaft Bildung unserer Partei.
Den Abend eröffnete Nikolai Palaoro mit dem Kennedy-Zitat: "Es gibt nur eins was auf Dauer teurer ist als Bildung: keine Bildung.", gefolgt von einer Vorstellung von Margit Stumpp.
Die unten angehängte Präsentation hat Frau Stumpp bei ihrem Vortrag verwendet - da unsere Projektionsfläche dafür leider ungeeignet war, reichte Frau Stumpp die präsentierte Statistiken hier im Anhang nach.
Eine Ihrer ersten Aussagen war, dass, solange es geburtenstarke Jahrgänge gab, der Schwerpunkt der Bildungsausgaben eindeutig auf dem Abitur lag. Die Bildungsausgaben sind seit Jahrzehnten auf einem niedrigen Niveau, und inflationsbereinigt nicht gestiegen. Bei den Lehrkräften sind zusätzlich zum Lehrauftrag immer mehr Aufgaben dazu gekommen, in letzter Zeit vor allem im Zuge der Digitalisierung.
Die Digitalisierung der Schule wirft zwei größere Probleme auf: die Kommunen haben digitale Ausstattung wie Laptops, Tabletts, Beamer usw. besorgt, welche eine sehr viel kürzere Lebensdauer hat, als bisherige Schulausstattung - und zumeist liegt die Administration von Hard- und Software bei Lehrkräften. Frau Stumpp berichtete, dass der "Digitalpakt 2" endlich beschlossen sei (finde ich selber nicht, nur als Antwort auf Anfrage der CDU-Fraktion, dass unsere Regierung daran arbeitet, hier). Sie erläuterte die Probleme, dass Aufgrund des Kooperationsverbot der Bund nicht unbegrenzt das föderale Bildungssystem unterstützen darf, auch nicht die Kommunen als Bildungsträger der Infrastruktur (Siehe Grundgesetz §91B und §104C). Förderpakete müssen zeitlich befristet sein (wie der Digitalpakt 1, der Mitte Mai 2024 ausläuft), und zweckgebunden (z.B. internationale Vergleichbarkeit) sein.
Für das von ihr ziemlich kritisierte Kooperationsverbot (seit der Föderalismusreform von 2006) sei unter der großen Koalition das Bewusstsein gewachsen, dass eine Änderung notwendig sei. Dies ging aber in der Corona-Krise unter. Es gab aus der Diskussionsrunde einen Einwand, ob es nicht sinnvoller wäre, z.B. einen Teil der Mehrwertsteuer der Länder zur Bildungsfinanzierung zur Verfügung zu stellen - aber Frau Stumpp stellte dar, dass diese Verfahrensweise nicht sicherstellen würde, dass das Geld dann tatsächlich in Bildung investiert werden würden.
Frau Stumpp zeigte auf, dass insgesamt viel zu wenig Mittel in Bildung investiert wird. Baden-Württemberg ist leider keine Ausnahme. Wir geben weniger als der Bundesdurchschnitt an Bildungsbudget/ Schüler aus, und liegen in im Ländervergleich erst an 8. Stelle, knapp vor dem 9. und 10. Bundesland. Aber auch international liegen wir als ein Staat, der seine gut ausgebildeten Schüler als eine seiner wenigen Ressourcen ansieht, bei nicht wirklich hohen Bildungsausgaben (Stand 2020 4,7% des BIP, ein finanzschwaches Griechenland leistet sich 4,4%, Island leistet sich 7,7%, siehe hier). Auch das 2008 von Angela Merkel ausgegebene Ziel von 10% (inklusive Hochschulen) wurde nur 2020 annähernd erreicht, da die deutsche Wirtschaftsleistung aufgrund Corona zurück gegangen war, siehe hier.
Frau Stumpp hält die Rückkehr zu G9 im Hinblick auf Bildungsgerechtigkeit für eine Fehlentscheidung. Die Bildungsausgaben für die ohnehin bevorzugten Gymnasien steigen um rund 10%; Geld, das dann z.B. in frühkindlicher Bildung oder dem Berufsschulwesen fehlt. Dabei bieten sowohl berufliche als auch Gemeinschaftsschulen Alternativen zum G9 an. Wer für sein Kind den längeren Weg zum Abitur möchte, kann es auch jetzt schon an ein Berufsgymnasium wechseln lassen, siehe hier.
Derzeit besuchen im Übrigen nur etwa 61% der 6-jährigen die Grundschule. Dadurch verzögert sich der Einstieg ins Berufs- bzw. Studienleben ohnehin.
Im Bereich der Grundschulen und berufliche Schulen bemängelt sie die geringe finanzielle Attraktivität dieser Lehrerstellen im Vergleich zu Gymnasien. Sie plädiert an dieser Stelle für eine bessere Bezahlung und hofft, dass sich damit sowohl die Lehrerschaft verjüngt, als auch mehr männliche Lehrkräfte an Grundschulen unterrichten.
An Grundschulen gibt zudem das Thema des anstehenden gesetzlichen Anspruch auf Ganztagsbetreuung. Stumpp sieht hier eine zusätzliche enorme Belastung, sofern diese Ganztagsbetreuung flexibel angeboten werden soll. Als Beispiel führte sie die Königsbronner Grundschule an. Diese hat mehrere Standorte; teilweise wird dort eine Ganztagsschule angeboten, teilweise eine Vormittagsschule. Dies sei zwar ein Ansatz, der versucht, allen Bedürfnissen der Eltern gerecht zu werden. Eine optimale, d.h. rhythmisierte Ganztagsorganisation lasse dies aber nicht zu. Denn die beiden Schul-Versionen seien noch zu sehr verzahnt, so müsse auch die Ganztagsschule ihre AGs so legen, dass sie von Kinder der Vormittagsschule besucht werden könnten. Besser seien zwei getrennte Grundschulen (sofern es sich eine Gemeinde leisten kann), bei der in der Ganztagsschule z.B. auf den Biorhythmus der SchülerInnen geachtet werden kann.
Insgesamt war ihr Vortrag unterhaltsam, auch mit einigen Anekdoten, und vor aller sehr gehaltvoll. Es gab einige Punkte, die sicher in der Öffentlichkeit nicht gut ankommen, wie ihre Meinung zum G9 oder zur flexiblen Ganztagsbetreuung. Aber ich denke, ihre Kernbotschaft war, dass wir entweder gezielt mehr Bildungsbudget in den Grundschulkinderbereich und berufliche Schulen stecken müssen, oder erheblich mehr für die komplette Bildung ausgeben müssen. Sie vertritt auch engagiert die Meinung, dass der Bund mehr Mittel und zwar ohne zeitliche Befristung dauerhaft in Bildungsinfrastruktur investieren muss und die dafür notwendigen Grundgesetzänderungen dringend angegangen werden sollten.
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Unser anderes Thema, mehr auf Stammtischniveau, war das Wahlergebnis der ersten Runde von unserer Bürgermeisterwahl. Es gab einige, die feststellten, dass Frau Henning sich sehr viel Bürgernäher gibt, als Herrn Salemi - den unsere Mitglieder auf dem Wochenmarkt vermissen. Ebenso fragten wir uns, wie die Unterschiede in den Teilorten, vor allem in Göttingen und Hörvelsingen zustande kam.
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